Nachtaufnahme einer Stadt mit beleuchteten Gebäuden und einem Fluss im Vordergrund, der die Lichter reflektiert.

Bukarest - Eine lebendige Stadt der Extreme

Ein persönlicher Reisebericht mit individuellen Erfahrungen

Wie kommt ein Fotograf aus Leipzig dazu nach Rumänien zu reisen? Der Grund ist simpel: Ein deutscher Freund von mir lebte eine Zeit lang in Bukarest. Als ich ihn besuchte, war meine Liebe zu Rumänien entfacht. Seitdem reise ich fast jedes Jahr dorthin – und seit 2017 organisiere ich Fotoreisen für kleine Gruppen in dieses faszinierende Land. In diesem Artikel schildere ich meine Eindrücke und Erfahrungen von meiner ersten Bukarest-Reise im Jahr 2015.

Voller Vorurteile – und trotzdem hingefahren

Ich hatte über Rumänien schon einiges gehört – leider meist nichts Gutes. Es war die Rede von vielen Straßenhunden, von Armut, schmutzigen Straßen, Überfällen und Diebstählen. Ich weiß nicht, wer mir diese Dinge in den Kopf gesetzt hat, aber sie waren in ihm verankert. Zum Glück bin ich jemand, der sich gern selbst ein Urteil bildet und den Dingen – trotz schlechter Meinungen – unvoreingenommen gegenübersteht. Also buchte ich meine Reise nach Bukarest.

Im Internet informierte ich mich über Kultur, Landschaft und das Leben, sah mir verschiedene Reiseberichte an und sprach mit meinem deutschen Freund, der bereits seit eineinhalb Jahren in Bukarest lebte. Plötzlich erreichten mich mehr wohlklingende Informationen. Eigenartig, dachte ich. Kommen Vorurteile vielleicht nur aus Unwissenheit statt aus eigener Erfahrung? Ich wollte es herausfinden.

Innenansicht eines Bahnhofsgebäudes mit einer großen Anzeigetafel für Zugfahrpläne über den Geschäften. Auf dem Boden laufen Menschen vorbei. Es gibt einen Kiosk und einen Geldwechselstand.
Hauptbahnhof Bukarest

Erste Eindrücke in Bukarest

Am Flughafen angekommen, war ich überrascht von diesem modernen Gebäude. Doch wenn man den Flughafen Leipzig/Halle als Referenz hat, sind wohl die meisten internationalen Flughafen eine Überarraschung. Am Taxi-Automaten den Flughaften zieht man ein Ticket für ein Taxi, wie eine Art Wartenummer. 

Ich nahm ein Taxi und ließ mich zu meinem Hotel bringen. Unterwegs unterhielt ich mich auf Englisch mit dem Fahrer und ließ mir viele Sehenswürdigkeiten empfehlen – unter anderem den Parlamentspalast (Palatul Parlamentului), nach dem Pentagon das zweitgrößte Gebäude der Welt und das größte Europas.

Allgemein wirkte Bukarest sehr lebendig und vielseitig auf mich. Zwischen den typischen kommunistischen Plattenbauten mit den Klimageräten, die am Balkon montiert waren, gab es auch zahlreiche Altbauten und schöne Villen. Der Verkehr war sehr dicht, bewegte sich jedoch zügig voran. Die osteuropäische Fahrweise erinnerte mich etwas an die türkische, war jedoch etwas defensiver und von weniger Hupgeräuschen begleitet.

Prunkvoller Korridor mit Marmorsäulen, gewölbter Decke und rotem Teppichboden.
Langer Gang Ceaucescu Palast Bukarest
Prächtiger Konzertsaal mit roten Polstersitzen und einer großen, kunstvollen Deckenleuchte, umgeben von beeindruckender Architektur und zahlreichen Balkonen.
Prächtiger Konzertsaal im Ceaucescu Palast

Das Hotel im Park und das Nachtleben

Am Hotel Herăstrău angekommen, bezog ich eine sehr ruhige und angenehme Unterkunft für eine Nacht – mitten in einem riesigen Park, der tagsüber als Oase der Entspannung dient und abends mit seinen Bars und Clubs zur Partymeile wird.

Am Abend traf ich meinen Freund und weitere Deutsche, die das Land bereisten, um durch die Bars zu ziehen. So lernte ich das sehr lebendige Bukarester Nachtleben kennen: Unzählige Menschen sind unterwegs, die Stimmung ist friedlich und angenehm. Gegen Abend geht das Leben auf den Straßen erst richtig los.

Vor allem im Altstadtbereich tummeln sich nicht nur die Touristen, sondern auch die Einheimischen, um in die zahlreichen Bars, Clubs und Restaurants einzukehren, die für jeden Geldbeutel etwas bereit halten. Die Altstadt  ist durchzogen von kleinen Straßen und Gassen, gesäumt von Bars, Pubs und Nachtclubs. Der zentrale Bereich der Altstadt wird auch Lipscani genannt. Der Name bedeutet so viel wie „Leipzig“ und geht auf die früheren Leipziger Händler zurück, die dort ihre Waren verkauften. Nicht nur dieser Name verbindet Bukarest mit meiner Heimatstadt – beide werden auch als „kleines Paris“ bezeichnet.

Anders als in Deutschland findet man hier sehr vielfältige unterschiedliche Gastronomie-Konzepte, die sich sowohl in der Einrichtung, als auch im Musikgeschmack unterscheiden. Es gibt Rockbars, Techno-Bars, stilvolle Restaurants, eine Roof-Top Bar, viele kleine Bistros und Cafes und internationale Lokalitäten. Für jeden Geschmack ist etwas dabei.

Am Abend wird es dann aus akustischer Sicht sowieso unmöglich, die verschiedenen Musikrichtungen auseinanderzuhalten, da sich die meisten Bars versuchen gegenseitig in der Lautstärke zu übertreffen. Hinzu kommen dann die oft attraktiven jungen Damen, die vor den Restaurants und Bars stehen und einen auf freundliche und teilsweise eindringliche Art und Weise zur Einkehr bewegen wollen.

Ich bevorzugte dann lieber die kleinen abgelegenen Orte, in denen der Strom der Masse nicht so stark war und man sich auch in angemessener Lautstärke unterhalten konnte.

Drei Frauen sitzen auf einer Bank vor einem Blumenladen mit der Aufschrift 'FLORĂRIA PIEPTANARI'. Der Laden hat eine auffällige Fassade in Rot und Blau und im Schaufenster sind verschiedene Blumen ausgestellt. Auf dem Boden steht ein Schaukasten mit religiösem Material.
Frauen vor dem Fenster-Blumenladen
Ein Mann in gelber Warnweste steht vor einem Mini-Market mit rotem Vordach, umgeben von Werbeplakaten für Coca-Cola und Algida-Eiscreme, während er auf sein Mobiltelefon schaut.
Ein Mann am Magazin

Flexible Preise, schwarze Taxis und die Metro

Dass es Taxis mit zwei unterschiedlichen Preismodellen gibt erfuhr ich erst einige Tage später. Interessanter Weise sind die Taxipreise meist sichtbar am Fahrzeug zu finden. Manche verlangen pro Kilometer 1,39 LEI, andere 3,50 LEI, die Qualität liegt oftmals nur in der Modernität des Fahrzeugs. Im Jahr 2023 lagen die preiswerten Taxis bei rund 2,99 LEI, der Wechselkurs liegt derzeit bei rund 1€ zu 4,20LEI.

Bei den Taxifahrten ist allgemein etwas preisliche Flexibilität gefragt oder gutes Durchsetzungs- und Verhandlungsgeschick. Für dieselbe Strecke zahlte ich abends 30 LEI – tagsüber waren es noch 12 LEI. Später nutzte ich nur noch die drei seriösesten Taxiunternehmen. Es gibt viele „schwarze“ Taxis, die ohne Lizenz fahren und Touristen deutlich mehr Geld abnehmen als ihre regulären Kollegen.

Ein Straßenloch, aus dem ein kleiner Baum und Müll ragen, in einer befahrenen Straße mit parkenden Autos.
Eine rumänische Schlagloch-Absperrung
Ein eleganter Innenraum eines Cafés mit einem reich dekorierten Gewölbedach. Diverse runde Hängeleuchten und grüner Dekor ergänzen die Architektur. Verschiedene Stühle und Tische sind für Gäste arrangiert.
Macca Villacrosse Passage

Oft wurde mir zudem angeboten, mich zu Nachtclubs und „schönen Mädchen“ zu fahren. Das scheint ein lukratives Nebengeschäft für die Fahrer zu sein – vermutlich erhalten sie dafür eine Provision vom Clubbetreiber. Ich kann darüber jedoch nichts weiter berichten, da ich diese Angebote stets dankend abgelehnt habe. Bei einem Stundentarif von 13,90 LEI überrascht mich dieses Zusatzgeschäft aber nicht.

Am nächsten Tag entdeckte ich die Metro: Eine Fahrt kostet umgerechnet nur etwa 50 Cent. Für die nächsten Tage war sie mein bevorzugtes Verkehrsmittel – auch wenn sie nur bis 23 Uhr fährt. Zwar gibt es viele Straßenbahnen und Busse, aber das System wirkte auf mich unübersichtlich. 

Bukarest – Stadt der Gegensätze

Ich nenne Bukarest die Stadt der Gegensätze Kontraste. Hier existieren kommunistische Überbleibsel neben modernen kapitalistischen Erscheinungen. Beide Systeme stoßen sich ab – und ziehen sich doch an.

Ein Beispiel dafür ist das Hotel Boutique La Fayette, in dem ich eine Suite für ein Fotoshooting buchte. Die Übernachtung kostet dort 250 EUR – in einem Land, in dem viele Menschen gerade so viel im Monat verdienen. Das ist absurd. Umgerechnet auf Deutschland wäre das, als würde ich mir eine Suite für 2.500 EUR pro Nacht leisten.

Ein elegant eingerichtetes Schlafzimmer mit einem großen, gemusterten Bett, zwei weißen Nachttischen, grüner Tapete, zwei Wandlampen und einem Schminktisch auf der rechten Seite.
Suite im Hotel La Fayette

Ein weiteres Phänomen erlebte ich einem zentrumsnahen Boutique Hotel, das herrschaftlich in einer kleinen Nebenstraße thront. Doch läuft man nur 20 Meter weiter, hat dort eine Roma-Familie eine alte leerstehende und heruntergekommene Villa besetzt. 

Mieten, Lebensmittel und Kleidung kosten in Bukarest ähnlich viel wie in Deutschland. Ich frage mich, wie das funktionieren kann. Das ist wohl auch einer der Gründe, weswegen die meisten Einheimischen hier zwei Arbeiten parallel nachgehen und manchmal teilweise 16 Stunden pro Tag arbeiten.

Die Kontraste setzen sich in anderen Viertel ebenso fort wie auch bei der Fahrzeugwahl auf der Straße. Dort rollt die schwarze S-Klasse Limousine neben dem kleinen klapprigen Taxi und zwischendurch betten die Obdachlosen um ein paar Almosen. Alle scheinen jedoch friedlich miteinander zu leben, eine angespannte Situation habe ich in all der Zeit nicht erlebt.

Der deutsche Stammtisch im Dianei 4

Einen weiteren interessanten Kontakt bot der deutschsprachige Stammtisch des Goethe-Instituts. Jeden Montag treffen sich im Dianei 4 Menschen, um sich auf Deutsch auszutauschen.

Die Atmosphäre ist freundlich und offen, der Ort – eine alte Villa – ist stilvoll, alternativ und sehr gemütlich.

Besonders empfehlenswert: die hausgemachten Limonaden. Frisch, köstlich und liebevoll zubereitet.

Zusatz 2023: Als ich wieder in das Cafe Dianei wollte, stellte ich fest, dass der Besitzer gewechselt hat und es ein neues Konzept gibt. Daher weiß ich auch nicht, ob sich der Stammtisch noch dort trifft.

Ein altes, charmantes Gebäude mit gemusterten Dachschindeln und großen Fenstern, umgeben von grünem Laub, das einen Hof umgibt.
Cafe Dianai 4 in Bukarest (aktuell neuer Betreiber)

Meine Lieblingsorte in Bukarest

Im Laufe der Jahre habe ich auch meine Lieblingsorte in Bukarest gefunden, an denen ich mich wohl fühle.

Meine Prognose für Bukarest

Ich bin überzeugt, dass Rumänien in den nächsten Jahren einen touristischen Boom erleben wird. Die Stadt hat enorm viel zu bieten – gerade auch für Fotografen. Es gibt viel alte Architektur, viele Parks und ein reges Treiben auf der Straße. Es gibt schöne alte Altbauviertel und auch moderne Architektur. Kulinarisch hat Bukarest ebenso viel zu bieten wie auch bei den verschiedenen Übernachtungsmöglichkeiten.

Bukarest ist immer eine Reise wert.

Sie möchten mit mir gemeinsam auf Fotoreise nach Rumänien fahren?

Dann informieren Sie sich jetzt über meine Fotoreisen nach Rumänien, die jährlich für eine kleine Gruppe von maximal 6 Personen stattfinden.

Index-Foto: Mihai Petre, Wikipedia / CC Lizenz 3.0